Die etablierten politischen Eliten sind am Ende. Diese Binsenwahrheit kann man fast täglich nicht nur bei alternativen Medien, sondern mittlerweile auch im Mainstream lesen, hören und sehen. Die einen erfüllt diese Erkenntnis mit Angst – die anderen mit Genugtuung oder gar mit Hoffnung. Dabei ist der Niedergang der politisch-medialen Eliten nicht nur auf Europa beschränkt, sondern ist überall in den „westlichen Demokratien“ zu beobachten.
Von Jan Ackermeier
Schlaglichtartig machen dies für die vergangenen Monate drei Namen deutlich: Trump, Macron und Corbyn. Die politischen Erdbeben begannen mit der Brexit-Abstimmung vor einem Jahr, setzten sich über den Sieg von Donald Trump fort bis zum Vormarsch von Jeremy Corbyn bei den britischen Parlamentswahlen und fanden ihr vorläufiges Ende nun in Paris, wo die französischen Wähler das seit Jahrzehnten herrschende Parteiensystem einfach weggefegt haben.
Die Sehnsucht des Bürgers
Was diese drei Personen auf den ersten Blick trennt, verbindet sie auch zugleich. Die Sehnsucht des Bürgers nach etwas Neuem. Oberflächlich betrachtet könnten die drei genannten Persönlichkeiten nicht verschiedener sein. Der anti-intellektuelle, polternde Trump und der rote Rebell Corbyn, beide erbittert von ihren eigenen Parteien bekämpft und dennoch erfolgreich, sind ebenso Symptom wie der geschmeidige ehemalige Sozialist Macron, der sich als Investment-Banker vom Paulus zum Saulus wandelte. Er überrannte seine ehemaligen Genossen einfach mit Hilfe der Wähler.
Es geht nicht mehr um Ideologien
Es scheint so, als ginge es dem Wähler nicht mehr um Ideologien oder um Programme, sondern nur noch darum, „denen da oben“ einen Denkzettel zu verpassen. Die Etablierten, die „alten Eliten“ sollten abgestraft oder gleich ganz vom Hof gejagt werden. Wer an deren Stelle treten würde, war vielen zweitrangig − Hauptsache diejenigen, die seit ewig oben sind, verschwinden endlich. Man ist ihrer in einem Maße überdrüssig, welches bei der Suche nach einer Alternative regelrecht wahllos macht. Frei nach dem Motto: Alles ist besser als das, was wir jetzt haben. Der Ekel vor den etablierten Kräften in Staat und Gesellschaft hat in weiten Kreisen ein Ausmaß angenommen, dass nun nicht nur die Wahlkabinen als Mittel gegen das Establishment eingesetzt werden.
Deswegen perlen auch die üblichen Diffamierungskampagnen des politisch-medialen Komplexes in den meisten Staaten zunehmend an den Menschen ab. Vor allem die Mainstream-Medien merken, dass die üblichen Empörungsmechanismen nur mehr unzureichend greifen und schlagen in ihrer Panik immer mehr um sich – nicht bemerkend, dass sie dadurch nur noch mehr Glaubwürdigkeit verlieren. Der Ekel der Menschen vor den Journalisten der staatlichen Inseratenpresse ist inzwischen offenbar so groß, dass deren Proponenten mittlerweile schreiben und senden können, was sie wollen. Es verfängt bei den enttäuschten Menschen einfach nicht mehr – es ist ihnen einfach egal.
Krise des Establishments
Selbes gilt nun auch für die Politik. Macron, Trump, Corbyn, Farage, Hofer und LePen sind vor allem ein Symptom für die tiefgreifende Krise des Establishments und dessen Unfähigkeit, die eigene geistige Verkrustung zu erkennen und zu reformieren. Der Bürger bricht diese Verkrustung auf immer mehr Ebenen nun zunehmend destruktiv auf. Bleibt die Hoffnung, dass die Kräfte, die der Bürger an ihre Stelle wählt, ihre Sache besser machen. Sonst kommen unangenehme und unsichere Zeiten auf uns zu.