Was „rechts“ ist, bestimmen in Österreich die Linken. Warum?

Wie Rechte zu sein haben, diktieren die Linken. Das muss aufhören.
Symbolbild: Freepik / Cookie Studio

Den Zustand des rechtskonservativen Lagers kann man unter anderem daraus ersehen, dass zentrale Leitlinien fehlen. Man kann sagen, dass der Großteil der Menschen, die sich als eher rechts, eher konservativ, eher bürgerlich ansehen, keinen gemeinsamen ideologischen Nenner haben. Während Linke auf die Frage, wofür sie stehen, immer mit einem verträumten Allgemeinplatz aufwarten können, fehlt der Rechten ein gemeinsamer weltanschaulicher Unterbau. Vielmehr lässt man sich aus linken Medien heraus diktieren, wofür man zu stehen hätte. Das muss aufhören.

Kommentar von Michael Mayrhofer

Seit Jahrzehnten, spätestens seit der Vranitzky-Doktrin, dämonisieren linke Parteien und linke Medien im Gleichschritt das dritte Lager. Dabei skizzieren sie tagein-tagaus ein selbst gebasteltes Horrorbild, wie „der Rechte“ auszusehen und zu denken hätte. Nach Meinung der Linken, habe ihre politischen Gegner nach Diktatur zu dürsten, organisieren sich in Führerkulten, tendieren zum Extremismus, wären gewaltbereit, verabscheuen pauschal Ausländer, sind geifernde Antisemiten – und viele Stereotype dieser Art mehr. Einige Unterstellungen dieser Horror-Clownerie für kleine Kinder befinden sich beispielsweise auch im tendenziösen Artikel 7,11 Thesen, wie ein FPÖ-Comeback gelingen kann im „Standard“. Aufgrund der fehlenden ideologischen Festigkeit vieler Konservativer muss befürchtet werden, dass einige aus diesem Lager die Ausführungen der links außen stehenden Redakteure des Standard auch noch als schlüssig erachten.

Es fehlt an einem gemeinsamen Konzept

All das ist natürlich falsch. Es geht nicht um einen diffusen Wettstreit zwischen „Links“ und „Rechts“ und um glatzköpfige Stiefeltruppen, die das Abendland bedrohen sowie den Unseligen exhumieren wollen um über alle Andersdenkenden eine Gewaltherrschaft auszuüben. Es geht konkret um einen Kampf zwischen der Freiheit und sozialistisch-kommunistischem Kollektivismus. Viele Menschen spüren es auch instinktiv, dass es um nicht weniger als ihre Freiheit geht und sich das System aktuell in eine sehr bedrohliche, andere Richtung entwickelt. Um dem zu begegnen, scheitert es aber nicht nur am notwendigen Zusammenschluss, wo man zunächst Differenzen über Detailfragen beiseitelegt. Es scheitert an einer Leitlinie, einer obersten Prämisse, die allen ideologischen Mitstreitern bekannt ist und welche sie jederzeit kurz und prägnant erklären können. Kein einziger konservativer Ideologe war in der Lage, sich mit einem weltanschaulichen Entwurf so durchzusetzen, dass ihm eine nennenswerte Zahl von Menschen folgt. Vielmehr stehen wir inmitten eines Konglomerats von teilweise brillanten Einzelkämpfern, die weder zu einer Vereinigung noch zu einer klaren Artikulation einer wünschenswerten Zukunft in der Lage zu sein scheinen.

Linke können stets ihr Zukunftsbild beschreiben

Das unentwegte Abdriften nach links außen, obwohl die Mehrheit der Menschen konservativ denkt und Werte wie Freiheit und Familie schätzt und nicht vermissen will, kann nur dadurch unterbrochen werden, wenn sich ein Einzelner oder eine Gruppe findet, die ganz klar auf den Tisch legen: Hier stehen wir. Das sind unsere gemeinsamen Werte, von denen wir niemals abrücken. Und dorthin wollen wir gehen, zum Wohl aller Menschen. Im Vergleich zur konservativen Unfähigkeit dieser Beschreibung einer lebenswerten Zukunft kann nämlich jeder so genannte Linke immer und überall erklären, wofür er steht und wohin er will. Ganz egal wie weltfremd und infantil es sein mag, wie unschlüssig und widersprüchlich. Der Linke wird beispielsweise sagen, dass er in einer Welt leben möchte, wo niemand reicher ist als die anderen, alle ab der Geburt rundum versorgt sind, es keine Grenzen mehr gibt, sich alle Ethnien bunt vermischen, sich jeder mit jedem sexuell vergnügen darf und dergleichen mehr. Es ist natürlich eine schöne und sichere Welt, wo niemand stehlen oder morden muss weil jeder alles hat und Milch und Honig fließen. Es ist – ein Trugbild. Eine infantile Traumwelt. Die allerdings genügend Strahlkraft hat, dass sie Menschen in ihren Bann zieht, ansteckt und für einen Kampf um diese eigentlich unmögliche und unerreichbare Welt begeistert. Eben diese Traumwelt braucht die Horden böser Orks und Trolle, welche selbstverständlich das ewige Glück der Linken verhindern wollen. Deshalb brauchen die Linken den Kampf gegen alle Menschen, die an ihren Trugbildern Kritik üben oder gar andere Lebensziele verfolgen. Wie diese Rechten folglich zu sein und zu denken haben, ergibt sich daraus als nicht weniger unrealistische Konstruktion dieser weltfremden Träumer.

Die wichtigste Aufgabe für konservative Intellektuelle

Das Problem ist, dass man das Bild viel zu häufig glaubt und übernimmt, welches die Linken da erdacht haben. Viele Menschen, welche die Fehler im System sehen, kommen zu dem Schluss, sie müssten in jener Form „rechts“ handeln, wie es in der Zeitung steht und im TV gezeigt wird. Daraus ergibt sich der durchaus breite „Narrensaum“, wie er seitens der FPÖ wenig höflich denunziert wurde. Dabei handelt es sich um eine große Menge von Menschen mit einem guten Herz, die tatsächlich an einer ordentlichen, sicheren Zukunft interessiert sind, wo aus „ihren Kindern etwas wird“ und wo man nicht Angst haben muss, des Nächtens irgendwelchen Verbrechern zum Opfer zu fallen. Und selbstverständlich verwirrt sowohl die multimediale Schilderung als auch das Verhalten des Narrensaums die noch größere Masse an Unentschlossenen. Die heutige Demokratie braucht die Stimmen der Mitte, all jener Menschen, die politisch überhaupt nicht interessiert sind, aber ebenso in Ruhe und Sicherheit leben will. Es ist eine Aufgabe an alle rechtskonservativen Parteien, Vereinigungen und Intellektuellen, für das gesamte Lager und darüber hinaus eine lebenswerte Leitlinie zu erschaffen, welche eine Einigung und somit einen Rückweg in die richtige Richtung ermöglicht.