Welcher geschichtsbewußte Mensch in Deutschland denkt beim Wort Wehrpflicht nicht sofort an die Freiheitskriege gegen Napoleon 1813/14?
Dieser Gastbeitrag von Björn Höcke erschien zuerst im aktuellen Magazin Info-DIREKT. Im Rahmen des Stolzmonats bringen wir diesen nun auszugsweise auch online.
Das Joch der französischen Fremdherrschaft konnte nur abgeschüttelt werden, weil es mit dem sogenannten „Krümper-System“ gelang, die rigiden militärischen Auflagen, die Preußen nach seiner vernichtenden Niederlage im Tilsiter Frieden 1807 von Frankreich diktiert worden waren, zu umgehen. Mehr Infos dazu im im aktuellen Magazin Info-DIREKT.
Für die Heimat anstatt für Geld
Der berühmte Heeresreformer Gerhard von Scharnhorst begründete die faktische Einführung der Wehrpflicht auch staatspolitisch. Er formulierte damals sein berühmtes Diktum:
„Alle Bürger des Staates sind geborene Verteidiger desselben.“
Auch wusste er, dass patriotische, sich mit ihrem Staat identifizierende Bürger im Kriegsfall den oft gedungenen Söldnern überlegen sind. Das hatte die „Levée en masse“ – die Massenmobilisierung der Bürger – gezeigt, die Frankreich in den Revolutionskriegen des ausgehenden 18. Jahrhunderts den Sieg über die stehenden Heere der europäischen Monarchien ermöglicht hatte.
Diese historische Verquickung der allgemeinen Wehrpflicht mit der Französischen Revolution ist bis heute nicht nur für Pazifisten, sondern auch für manche Konservative und Liberal-Libertäre ein Stein des Anstoßes und läßt letztere das Modell einer reinen Berufsarmee favorisieren. Hauptkritik ist, dass die Entstehung der Volksheere und die allgemeine Wehrpflicht zu einer Extremisierung und Brutalisierung der Kriegsführung geführt habe – dabei ist die Wehrpflicht weniger auf die ideologisch-fanatischen Momente der Französischen Revolution als auf die Ausbildung des verantwortungsbewussten Staatsbürgers, des Citoyen, zurückzuführen. Dem Siegeszug der Wehrpflicht ging einher der Siegeszug der bürgerlichen Welt mit ihren republikanischen Wert- und Ordnungsvorstellungen, die zur Entfeudalisierung der europäischen Gemeinwesen führte.
Die Armee als Lebensschule der Nation
Die preußischen Reformer waren allesamt keine Fanatiker, sondern aufgeklärte, menschheitsfreundliche Patrioten, die die Armee zur Schule der Nation machen wollten, mit dem Ideal einer Kombination aus nationaler Wehrfähigkeit und hoher Bildung. Das Leitbild war der „gebildete Offizier“. Im historischen Rückblick kann man sagen: die allgemeine Wehrpflicht hat mehr zur sittlichen Erziehung des Volkes beigetragen als zu seiner Aufhetzung.
Auch heute könnte die Bundeswehr eine solche staatsbürgerliche Aufgabe leisten: Gerade die junge Generation in einer sinnentleerten, hedonistischen und materialistischen Zeit würde von dieser „Lebensschule“ profitieren, könnte mit dem Wehrdienst Tugenden und Dienstethos entwickeln. Ich absolvierte meine Bundeswehrzeit Anfang der 1990er Jahre noch mit dem Wunsch, meinem Land, das mir Sicherheit, Wohlstand und Bildung schenkte, etwas zurückzugeben. Vor diesem Hintergrund war die Aussetzung der Wehrpflicht 2011 zweifellos ein Fehler.
Wehrpflicht heute
Die allgemeinen politischen Rahmenbedingungen haben sich in den letzten Jahrzehnten jedoch so dramatisch verschoben, dass man aktuell einer Reaktivierung der Wehrpflicht skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen muss. Voraussetzung für diesen besonderen Gemeinschaftsdienst, der ja im schlimmsten Falle zum eigenen Tod führen kann (und sich dadurch elementar von anderen Formen des Gemeinschaftsdienstes unterscheidet), ist nämlich das Intaktsein von Armee und Staats-/Bürger-Verhältnis. Beides ist in keiner Weise mehr gegeben.
Über den katastrophalen Zustand der Bundeswehr brauche ich an dieser Stelle nichts auszuführen, Militärfachleute haben hier bereits genug haarsträubende Dinge in den letzten Jahren publik gemacht. Noch wesentlicher ist das nachhaltig gestörte Vertrauensverhältnis zwischen dem Staat und seinen Bürgern. Nur ein Staat, der seine Bürger im weitesten Sinne schützt – vor Kriminalität, Gewalt, illegaler Massenmigration, Zerstörung der kulturellen Identität, politischer Fremdbestimmung, sozialen Verheerungen durch globalistische Heuschrecken und Vasallendienste für fremde Interessen – und ihnen einen adäquaten, repressionsfreien Rahmen zur möglichst freien Lebensführung und Persönlichkeitsentfaltung gewährleistet – nur ein solcher Staat kann Anspruch auf Loyalität erheben. Er mag nicht alles Genannte zu 100 Prozent verwirklichen können, das wäre unrealistisch, aber sein Bemühen und Streben müssen in diese Richtung zeigen, um das Vertrauen und die Opferbereitschaft der Bürger zu erhalten.
Ein Staat, der seine Schutzfunktion nicht erfüllt
Es reicht ein kurzer Blick auf die heutige politische Lage, um festzustellen: Die Schutzfunktion des Staates ist in den letzten Jahren dramatisch gesunken, die Vertrauens- und Loyalitätsbasis weitgehend erodiert. Der heutige Herrschaftskomplex, der auch unseren Staat okkupiert hat, fühlt sich nicht den Interessen der deutschen Staatsbürgergemeinschaft verpflichtet, sondern den Vorgaben und Leitlinien eines fremden, globalistischen Machtsystems, das diametral entgegenstehend die nationalen Lebensgrundlagen der Völker und Kulturen aufzulösen trachtet.
Für welche Interessen sollen deutsche Soldaten im Ernstfall ihr Leben opfern? Für Gender-Gaga, Cancel-Culture, Turbokapitalismus, Multikulti, Transhumanismus, Corona-Repressionen, Impfzwang, digitale Überwachung, imperialistische US-Geostrategien und nationale Selbstabschaffung?
Solange dieser politische Wahnsinn vorherrscht und unseren Staat und unsere Armee für seine zerstörerischen Zwecke missbraucht, gilt das Wort von Reinhard Mey:
„Nein, meine Söhne kriegt ihr nicht!“
Da heute ja auch Frauen Panzer fahren sollen, muss man ergänzen: Und auch nicht unsere Töchter!
Erst wenn sich unser Staat und unsere politische Elite wieder dem nationalen Gemeinwohl und den Lebensinteressen seiner Bürger verpflichtet fühlen und ihre Maßnahmen und Politik danach ausrichten, können wir eine Reaktivierung der Wehrpflicht befürworten. Und ob es dann langfristig überhaupt einer „Pflicht“ bedarf, kann man diskutieren, denn bekanntlich soll nach unseren sittlich-idealistischen Bildungsvorstellungen „die Pflicht zur Neigung werden“. Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg.
Über den Autor:
Björn Höcke, (geb. 1972) ist verheiratet und Vater von vier Kindern. Höcke ist Gründungsmitglied der AfD-Thüringen und deren Landessprecher und Fraktionsvorsitzender im Landtag. Bevor er 2014 in den Landtag einzog, war er Lehrer für Sport und Geschichte sowie Vertrauenslehrer in einem Gymnasium. Hier finden Sie Björn Höcke auf Facebook, Twitter, Instagram, TikTok, YouTube und Telegram.
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