Am 29. September erlebte das Establishment in Österreich bei der Nationalratswahl sein blaues Wunder. Dass der Wahlerfolg der FPÖ nicht noch deutlicher ausfiel, hat wohl auch damit zu tun, dass davor die schlechte Lage, in der sich die Alpenrepublik befindet, verharmlost wurde.
Ein Kommentar von Michael Scharfmüller
Die erste Geige beim Schonreden des schlechten Zustands Österreichs spielte das ÖVP-geführte Finanzministerium, das noch kurz vor der Wahl behauptet hatte, dass Österreichs Budgetdefizit unter drei Prozent des BIP liegen würde. Vergangene Woche musste das Ministerium dann eingestehen, sich um zwei Milliarden Euro „verrechnet“ zu haben. NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger wirft der ÖVP deswegen vor
„wider besseren Wissens gelogen“
zu haben. Experten gehen übrigens davon aus, dass auch die letzte Woche vom schwarzen Ministerium präsentierten Zahlen nicht stimmen.
Warnung des Raiffeisen-Chefökonoms
Spannend ist in diesem Zusammenhang auch, dass die APA heute eine Warnung des Raiffeisen-Chefökonoms Gunter Deuber brachte, der den Standort Österreich massiv unter Druck sieht. Deuber wörtlich:
„„Ohne sofortige Maßnahmen sandelt der Standort Österreich ab“
Späte Warnung um der ÖVP nicht zu schaden?
Es stellt sich die Frage, warum Deuber jetzt erst warnt und nicht schon vor der Nationalratswahl, wo die Österreicher der schwarz-grünen Regierung die Rechnung für ihr Versagen ausstellen hätten können. Die Antwort lautet mutmaßlich: Genau aus dem Grund! Bereits im Jahr 2013 erschien im Mandelbaum-Verlag ein Buch mit dem Titel „Schwarzbuch Raiffeisen“. Einer der beiden Autoren, Clemens Staudinger, will festgestellt haben, dass Nationalratsabgeordnete der ÖVP gleichzeitig auch Funktionäre der Raiffeisenbank gewesen sein sollen.
Stimmungsmache für die Herbstlohnrunde?
Es geht der Raiffeisen-Bank also ziemlich sicher nicht um eine Abrechnung mit der Regierung oder gar der ÖVP. Vielmehr dürften die Aussagen darauf abzielen, Stimmung für die kommenden Kollektivvertragsverhandlungen zu machen. So appelliere Johannes Rehulka, Generalsekretär des Raiffeisenverbandes, „an die Sozialpartner, bei den kommenden Kollektivvertragsverhandlungen Abschlüsse unterhalb oder maximal auf Höhe der Inflation anzustreben“, schreibt „Die Presse“.
Banken gewinnen immer
Um die Bankenlandschaft in Österreich muss man sich dennoch keine Sorge machen. Die Zinserträge der letzten Jahre haben die Gewinne der Banken ordentlich aufgefettet. Im Jahr 2023 haben die heimischen Banken zusammen mit Kreditinstituten einen Gewinn von 14,1 Milliarden Euro erzielt.