Nationalratspräsident Walter Rosenkranz (FPÖ) befindet sich in einer schwierigen Lage: Er betont zwar ständig, wie sehr er sich seit Jahrzehnten für die jüdische Kultur in Österreich einsetzt, auf viel Gegenliebe stieß dies bisher jedoch nicht. Der vorläufige Höhepunkt fand heute statt.
Ein Kommentar von Michael Scharfmüller
Am Judenplatz in Wien wollte Rosenkranz als zweithöchster Repräsentant der Republik Österreich im Gedenken an den 9. November 1938 einen Kranz niederlegen. Davon wurde er jedoch von Demonstranten der „Jüdischen österreichischen Hochschülerschaft“ abgehalten. Die anwesende Polizei sah sich nicht in der Lage, dem Nationalratspräsidenten die Kranzniederlegung zu ermöglichen. Nach einigen kurzen Diskussionen musste Rosenkranz deshalb unverrichteter Dinge wieder abziehen. Hier sehen Sie ein Video des Vorfalls:
Rosenkranz ist damit in einer schwierigen Lage. Sich von einer Minderheit innerhalb der jüdischen Gemeinschaft Österreichs vorschreiben zu lassen, welche Veranstaltungen er besuchen darf und welche nicht, wäre untragbar.
Ziel: Stimmungsmache gegen FPÖ
Das Ziel der Demonstranten ist klar: Sie nutzen jede Gelegenheit um Stimmung gegen die FPÖ zu machen. Dass die FPÖ zur stärksten Partei und Walter Rosenkranz vom Parlament zum Nationalratspräsidenten gewählt wurde, ist ihnen dabei völlig egal. Sie wollen ihre Geschichte, dass die FPÖ eine gefährliche Partei sei, weiter erzählen.
Zwei Optionen für Rosenkranz
Egal, wie sich Rosenkranz und die FPÖ verhalten, die Antifa-Aktivisten werden an ihren Anti-FPÖ-Erzählungen festhalten. Wenn Rosenkranz als Nationalratspräsident versucht, an Gedenkveranstaltungen teilzunehmen, werden sie ihn wieder aussperren und beleidigen. Wenn er solchen Veranstaltungen fernbleibt, werden dieselben Personen laut aufschreien und sich darüber beschweren, dass durch die FPÖ die jüdische Gedenkkultur gefährdet sei.
Dann eben nicht
Sofern es tatsächlich nur die beiden eben beschriebenen Optionen gibt, wäre es zu überlegen, sich für die zweite zu entscheiden. Wenn Rosenkranz solche Veranstaltungen zukünftig aufgrund des Protestes nicht mehr besucht, müsste er sich auch darum bemühen, dass keiner seiner beiden Stellvertreter in offizieller Funktion daran teilnimmt. Dann werden solche Gedenken eben nicht mehr durch die Anwesenheit des höchsten Vertreters des Parlaments aufgewertet. Der Protest deswegen würde jedoch – im Unterschied zu den unschönen Bildern vom heutigen Gedenken – rasch verhallen.