Dass die Austro-Ampel gescheitert ist, hat Andreas Schieder, Leiter der SPÖ-Delegation im EU-Parlament, noch immer nicht überwunden. Die Brandmauer-Diskussion in Deutschland nahm er deshalb zum Anlass, um eine absurde Forderung an Bundespräsident Van der Bellen zu richten.
Ein Kommentar von Michael Scharfmüller
Ebenso wie die CDU meine es die ÖVP mit der „Brandmauer“ gegenüber rechten Parteien nicht ernst, so der in Wien gescheiterte SPÖ-Politiker in einer Videoansprache auf „X“. Dabei lässt Schieder zwei Dinge unter den Teppich fallen:
- Erstens hat die Volkspartei eine Zusammenarbeit mit der FPÖ nie grundsätzlich ausgeschlossen. In Oberösterreich, Niederösterreich, Salzburg und der Steiermark befindet sich die ÖVP sogar in einer Regierung mit den Freiheitlichen.
- Zweitens ist auch die SPÖ kein Garant für eine feuerfeste Brandmauer. So kam es bekanntermaßen nach der Landtagswahl im Burgenland 2015 bereits zu einer rot-blauen Regierung. Zudem gab es in Linz lange Zeit ein rot-blaues Arbeitsübereinkommen. Im Nationalrat stimmen sich SPÖ und FPÖ ohnehin regelmäßig ab, beispielsweise wurde ein gemeinsamer Untersuchungsausschuss angestrebt. Außerdem wollte die SPÖ in der Steiermark gemeinsam mit dem freiheitlichen Wahlsieger eine Landesregierung bilden. FPÖ-Steiermark-Chef Mario Kunasek hat sich dann jedoch für die ÖVP als Juniorpartner entschieden.
Wiederaufnahme der gescheiterte Koalitionsverhandlungen
Schieders Brandmauer-Argument zeugt also entweder von Unwissenheit oder schlecht durchdachter Propaganda. In Wahrheit ist alles jedoch ganz einfach: Schieder möchte den Wahlsieger FPÖ von der Regierung fernhalten und seine eigene Partei irgendwie wieder hineinbringen. Dazu wünscht er sich, dass ÖVP und SPÖ die bereits gescheiterten Koalitionsverhandlungen wieder aufnehmen.
Übergangsregierung soll Van der Bellens Pläne umsetzen
Sofern sich die ÖVP diesem Vorschlag verweigere oder die Verhandlungen erneut scheitern, sollte sich Bundespräsident Van der Bellen überlegen eine
„sogenannte technische Beamten-Übergangsregierung“
einzusetzen. Dazu sollte Ex-Grünen-Chef Van der Bellen „fünf bis zehn programmatische Punkte“ festlegen, die diese Regierung dann zu erledigen hätte. ÖVP, SPÖ, NEOS und Grüne sollten sich dazu verpflichten – so Schieder -, die vom Bundespräsidenten eingesetzte Regierung
„zwei Jahre lang auch arbeiten zu lassen“.
Angriff auf die Demokratie
Was Schieder hier fordert, fühlt sich wie eine Aushebelung der Demokratie an. Er möchte, dass das letzte Wahlergebnis mit Hilfe des Bundespräsidenten mehr oder weniger ignoriert wird. Freilich wäre das Parlament damit nicht ausgeschaltet, als Angriff auf die Demokratie würde diese Vorgangsweise jedoch trotzdem von vielen Menschen wahrgenommen werden.
Wirklich zu Ende gedacht hat Andreas Schieder seine Vorstellungen auch nicht. Bereits beim letzten Mal als Van der Bellen den Mehrheitswillen der Österreicher ignoriert und Wahlverlierer Nehammer mit der Regierungsbildung beauftragt hat, ist das krachend gescheitert. Dieser erneute Taschenspielertrick würde die FPÖ als einzige Oppositionspartei noch stärker machen.
Was, wenn die FPÖ das täte?
In ein paar Jahren könnte die FPÖ Schieders Methode mit umgekehrten Vorzeichen anwenden: Ein freiheitlicher Bundespräsident könnte sich dann „fünf bis zehn programmatische Punkte“ überlegen, die eine von ihm eingesetzte „sogenannte technische Beamten-Übergangsregierung“ umsetzen müsste. Im Nationalrat würde die dann mit vielen Mandaten ausgestattete FPÖ schon Mehrheiten finden und da, wo sie keine Mehrheiten findet, wird eben mit Verordnungen regiert – das kennen wir ja bereits aus den Corona-Jahren.
Sie, lieber Genosse Schieder, würden wohl einer der Ersten sein, der hysterisch aufschreien und dutzende historische Vergleiche anstellen würde, wenn die FPÖ so etwas auch nur andenken würde.
Kostenloser Ratschlag für die erfolglosen roten Genossen
Lieber Genosse Schieder, wenn Sie eine starke FPÖ verhindern wollen, wäre es vielleicht an der Zeit, Ihr Herz und Ihr Hirn wieder mehr bei den Österreichern zu haben, anstatt im warmen Brüsseler Büro vom ewiggestrigen Klassenkampf zu träumen. Dann klappt es nämlich eventuell auch wieder mit den Wahlergebnissen und dann können sie – gestärkt durch den Wähler – auf demokratisch saubere Art und Weise auch die FPÖ verhindern oder – was noch besser wäre – mit ihr zum Wohle Österreichs zusammenarbeiten.
Hier Schieders Video-Botschaft:
(Achtung: Einige „Fakten“, die Schieder anspricht, entsprechen nicht der Wahrheit.)
Wir brauchen eine starke und ernst gemeinte Brandmauer gegen Rechts- und zwar in ganz Europa! ✊🏼 pic.twitter.com/cCwGddVn5P
— Andreas Schieder (@SCHIEDER) February 4, 2025