Bei HC Strache (Ex-Vizekanzler und Ex-FPÖ-Chef) hat aufgrund einer anonymen Anzeige eine Hausdurchsuchung stattgefunden. Der Vorwurf: Postenschacher
Kommentar von Michael Scharfmüller
Dass in Österreich eine Hausdurchsuchung wegen dem Vorwurf „Postenschacher“ durchgeführt wird, ist überraschend. Schließlich ist es fast alltäglich, dass gut bezahlte Posten in staatsnahen Betrieben nach Parteibuch vergeben werden. Auch dass ausgediente Politiker bei großen Konzernen neue Anstellungen finden, ist nichts Ungewöhnliches. Ungewöhnlich ist höchstens, dass sich die Justiz plötzlich dafür interessiert. In Österreich gibt es nämlich keine Korruption – die heißt bei uns nämlich „Freunderlwirtschaft“. Postenschacher wurde bisher höchstens als Parteibuchwirtschaft müde belächelt.
Korruption heißt in Österreich „Freunderlwirtschaft“
Da es in Österreich bisher nur Freunderlwirtschaft aber niemals Korruption oder gar Amtsmissbrauch gab, ist es nicht verwunderlich, dass selbst bei handfesten Skandalen nur selten Hausdurchsuchungen stattgefunden haben. Oder können Sie sich daran erinnern, dass in folgenden Fällen Razzien durchgeführt wurden?
- ÖVP-Spendenskandal im Wahlkampf 2017
- Bei den Hintermännern des Ibiza-Videos
- Mutmaßliche ÖVP-Netzwerke im „Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT)“
- SPÖ-Skandale um das Krankenhaus Nord
- Mutmaßliche Aktenvernichtung der ÖVP im Kanzleramt (Schredderaffäre)
- Anzeige der Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen den obersten Justizbeamten Pilnacek (ÖVP)
- Jobwechsel von roten und grünen Politikern zu großen Konzernen
- Skandal rund um die Privatstiftung eines ÖVP-Landeshauptmanns
In all diesen Fällen hat es – soweit ich mich richtig erinnere – nie Hausdurchsuchungen gegeben. Sofern es Ermittlungen gab, verliefen die zudem meist schnell im Sand. Dass „Postenschacher“ überhaupt etwas Strafwürdiges ist, dürfte den meisten Politiker zudem gar nicht bewusst sein – so alltäglich erscheint zumindest mir die Vorgehensweise.
Wenn die Justiz das jetzt anders sieht und ab jetzt strenger handhabt, ist das sicher begrüßenswert. Mir fehlt jedoch der Glaube, dass das wirklich geschehen wird. Viel eher drängt sich der Verdacht auf, dass die Justiz hier erneut mutmaßlich als politisches Werkzeug missbraucht wird.
Hausdurchsuchungen als Ablenkungsmanöver?
Wenn es vielleicht auch nicht das Ziel der Hausdurchsuchung bei HC Strache war, könnte es doch ein angenehmer Nebeneffekt für manch jungen Parteichef sein, dass mit der FPÖ nun sein größter Konkurrent unter Korruptionsverdacht steht. Die ÖVP kann zudem hoffen, dass aufgrund der Razzia bei Strache die Schredder-Affäre und der Wahlkampfspendenskandal in den medialen Hintergrund rücken.
Hausdurchsuchungen als Munitionsbeschaffung?
Ferner ist nicht auszuschließen, dass bis zum Wahltermin am 29. September ein Detail nach dem anderen aus dem beschlagnahmten Handy von HC Strache in die Medien sickern wird.
Bittere Medizin
HC Strache als armes Opfer darzustellen liegt mir trotzdem fern. Als in seiner Amtszeit als Vizekanzler ein mutmaßlich politisch-motivierter Prozess gegen die „Identitäre Bewegung (IB)“ in Graz durchgeführt wurde, hat er geschwiegen. Als IB-Chef Martin Sellner wegen einer erhaltenen Spende zwei (!) Hausdurchsuchungen hatte, hat er geschwiegen. Als eine Liste aller IB-Spenden aus der Ermittlungsakte (samt vollständigen Kontodaten der Spender) an die Medien durchsickerte, hat er geschwiegen. Als eine Liste mit Adressen einer Hausdurchsuchung an eine Zeitung weitergegeben wurde, hat er geschwiegen. Als Details von einem vor Jahren abgeschlossenen Gerichtsverfahren gegen Martin Sellner in den Medien breitgetreten wurde, hat HC Strache nicht nur geschwiegen, sondern sich auch selbst an der medialen „Nachverurteilung“ beteiligt.
Für die Zukunft kann man daher jedem kritischen denkenden Menschen nur eines raten:
Was Du nicht willst, das Dir widerfährt, das verhindere auch, wenn es anderen passiert!
Für alle im Kommentar erwähnten Personen und Organisationen gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung.
Tipps für Hausdurchsuchungen
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