Immer mehr etablierte Medien behaupten, dass Sebastian Kurz in die Politik zurückkäme, um den erfolglosen Karl Nehammer als ÖVP-Parteichef zu beerben. Aus fünf Gründen ist das jedoch Unsinn:
Ein Kommentar von Michael Scharfmüller
Erstens: Kurz hat bereits abgeräumt
Sebastian Kurz hat sich von der Politik bereits alles geholt, was für ihn zu holen war. Hauptsächlich sind das gute Kontakte zu einflussreichen Personen und Netzwerken. Diese Kontakte haben es Kurz ermöglicht, mit seiner „SK Management GmbH“ in kürzester Zeit hohe Gewinne einzufahren. Im Jahr 2022 soll der Gewinn bei 1,9 Millionen Euro, im Jahr 2023 bei 3,9 Millionen Euro gelegen sein, berichtet die „Kleine Zeitung“.
Zweitens: Kurz steht bald wieder vor Gericht
Gegen eine Rückkehr von Kurz in die Politik sprechen auch die gerichtlichen Nachwehen seiner ersten Polit-Karriere. Zwar ist es gut möglich, dass sich alle Vorwürfe, die gegen ihn herumschwirren vor Gericht als haltlos herausstellen, schlechte Presse ist ihm in den nächsten Monaten jedoch gewiss. Schließlich hat sein einstiger Vertrauter Thomas Schmid die Kronzeugen-Regelung bekommen. Die peinlichen ÖVP-internen Chats werden in den Medien also bald eine Wiedergeburt erleben – und vielleicht kommt ja noch etwas mehr an die Öffentlichkeit.
Drittens: Zu viel zerbrochenes türkises Porzellan
Kurz war zweifelsohne ein großes politisches Talent. Auf seinem Weg an die Spitze der ÖVP und auch als Kanzler hat er jedoch viele Personen und Organisationen in seiner eigenen Partei vor den Kopf gestoßen. Solange er erfolgreich war, wurde das hinuntergeschluckt. An die einstigen Erfolge wird Kurz jedoch nicht mehr anschließen können auf die Toleranz seiner Parteifreunde kann er also nicht mehr hoffen.
Viertens: Türkise Kopiermaschine ist unglaubwürdig
Die Mehrheit der ehemaligen Kurz-Anhänger und Kurz-Wähler hat seine Art Politik zu machen längst durchschaut. Die türkise Kopiermaschine ist ins Stottern gekommen, daran wird auch der gefallene Messias der türkisen Scheinheiligkeit nichts ändern können. So wie Herbert Kickl die freiheitliche Bundespartei inhaltlich ausgerichtet hat, ist für die Kopiermaschine Kurz kein Platz mehr.
Fünftens: Kurz macht Kickl sicher nicht den Juniorpartner
Der Hauptgrund, weshalb die ÖVP 2019 die türkis-blaue Regierung sprengte, war nicht das Ibiza-Video. Das Ibiza-Video war nur der Anlassfall, um die Freiheitlichen endgültig zu kastrieren und Kickl als Innenminister loszuwerden. Dass Kurz nun unter Herbert Kickl als Kanzler den Juniorpartner gäbe, ist nur schwer vorstellbar.
Eitelkeit als Rückkehrgrund
Nüchtern betrachtet gibt es für Sebastian Kurz also nur einen Grund in die Politik zurückzukehren: seine Eitelkeit. Es ist gut möglich, dass Kurz das Scheinwerferlicht der Medien fehlt und er sein eigenes Gesicht gerne wieder öfter in den Zeitungen sehen möchte.
Aber selbst, wenn sich im inneren Widerstreit bei Kurz die Eitelkeit gegen Vernunft durchsetzen würde, bliebe die Frage offen, ob die ÖVP bereits verzweifelt genug ist, ihn auch wieder zurückzulassen.
Irgendwann vielleicht
Kann sein, dass Kurz in einigen Jahren wieder in die Politik auftaucht. Kurz- und mittelfristig wird das aber ziemlich sicher nicht der Fall sein. Dennoch wird er sich freuen, wenn ihn die etablierten Medien alle paar Monate mal aus der Mottenkiste holen, um mit fantasievollen Geschichten ein paar Klicks zu generieren.
Wer folgt Nehammer?
Wahrscheinlicher als die Rückkehr von Kurz ist der Abgang von Nehammer. Aus Salzburg hört man das Gerücht, dass ihn Karoline Edstadler als Parteichef beerben könnte. Ebenso im Gespräch ist Wolfgang Hattmannsdorfer, der ehemalige oberösterreichische Landesrat, sitzt seit der letzten Wahl im Nationalrat und ist derzeit als Generalsekretär der Wirtschaftskammer zwischengeparkt.