Anfang 2024 galt Maximilian Krah noch als einer der spannendsten Köpfe der AfD. Wenige Monate später war er politisch isoliert. Er selbst nannte diese Zeit „Zwischenhölle“. Um sich daraus zu befreien, wandte er sich von allem ab, was er bis Jänner 2025 selbst forderte. Darunter auch das Konzept der Remigration, das er heute als „staatsfeindlich“ bezeichnet.
Ein Kommentar von Michael Scharfmüller
Trotz dieser ideologischen Kehrtwende hielt Antaios-Verleger Götz Kubitschek lange an Krah fest. Kubitschek soll sogar dazu beigetragen haben, dass sich Krah, nachdem er nicht in die EU-Delegation der AfD aufgenommen wurde, in den Bundestag retten konnte.
Kubitscheks Fehleinschätzungen
Kubitschek zählt zweifellos zu den verdienstvollsten Akteuren des rechten Lagers. Was er in Schnellroda aufgebaut hat, ist einzigartig. Im Fall Krah unterlag der Vordenker dennoch zwei Fehleinschätzungen:
- Er glaubte, Krah disziplinieren zu können.
- Er hielt an der Vorstellung fest, dass jede Debatte wertvoll sei.
Krah lässt sich nicht lenken
Kubitschek hat recht, wenn er betont, dass politische Bewegungen charismatische Persönlichkeiten mit scharfem Verstand und rhetorischem Talent brauchen. All diese positiven Eigenschaften werden jedoch dann zur Gefahr, wenn dieser Person Selbstreflexion und Bodenhaftung fehlen. Offenbar ging Kubitschek davon aus, Krah so einhegen zu können, dass er seine zahlreichen positiven Eigenschaften für die gemeinsame Sache einsetzen würde. Damit hat sich Kubitschek jedoch selbst über- und Krah deutlich unterschätzt. Personen, die rücksichtslos nur ihre eigenen Interessen verfolgen, sollte man nicht zur Macht verhelfen – man sollte sie davon fernhalten.
Distanzierung als Eintrittskarte
Die Versuche, Krah eine Plattform zur Rückkehr zu bieten, gingen über wohlwollende Nachsicht hinaus. Obwohl Krah bereits eine 180-Grad-Wende vollzogen hatte, bot ihm Kubitschek in Form eines Podcasts eine Bühne. Krah nutzte diese, um sich in etablierten Medien als gemäßigter, aber spannender Kopf des rechten Lagers zu inszenieren. Dabei dürfte zumindest Krah klar gewesen sein: Die gewünschte Aufmerksamkeit bekommt er nur, wenn er sich vom rechten Vorfeld distanziert und zum Angriff auf die Remigration bläst. Der Podcast lief, wenig überraschend, aus dem Ruder. Während Kubitschek noch lange darüber grübelte, hatte es Krah aus der „Zwischenhölle“ wieder in viele große Medien geschafft.
Trotz dieses Schusses vor den Bug, wollte Kubitschek Krah eine Diskussion mit Remigrationsexperten Martin Sellner in Schnellroda ermöglichen. Für Krah wäre das eine willkommene Möglichkeit gewesen, die Remigration und deren Befürworter weiter als „staatsfeindlich“ zu kriminalisieren.
Deutungshoheit statt Debattenzwang
Die Vorstellung, dass Debatten grundsätzlich etwas Wertvolles wären, ist unter rechten Intellektuellen weit verbreitet. Dabei wird verkannt, dass Politik nicht in einem privaten Seminarraum stattfindet, in dem nach Wahrhaftigkeit gesucht wird. In der Politik dreht sich alles um Macht. Mächtig ist der, der in der Lage ist, Begriffe und Ereignisse für möglichst viele Menschen deuten zu können.
Wer die entsprechende Deutungshoheit in einem bestimmten Bereich errungen hat, tut gut daran keine Handlungen vorzunehmen, die diese gefährden. Dies gilt insbesondere dann, wenn es einem Debattenteilnehmer nicht um Erkenntnisgewinn, sondern um persönliche Interessen geht. Man kann mit niemandem ernsthaft diskutieren, der seine Positionen situationselastisch ändert, zahlreiche rhetorische Tricks anwendet und auf nichts, außer sich selbst, Rücksicht nehmen muss.
Wenn die Deutungshoheit zu einem Thema – wie etwa Remigration – klar im eigenen Lager liegt, muss jede öffentliche Diskussion mit abweichenden Stimmen einen konkreten Mehrwert bringen. Wenn dieser Mehrwert nicht gegeben ist, aber aus der Debatte Nachteile für das eigene Lager entstehen können, sind diese aus strategischen Gründen abzulehnen.
Die Front begradigen
Die geplante Debatte zwischen Maximilian Krah und Martin Sellner beim Sommerfest in Schnellroda hätte Kubitschek aus genau diesen Gründen absagen müssen. Weil er das nicht tat, musste Sellner absagen, um Krah die Bühne für weitere Angriffe zu entziehen. Das veranlasste Krah dazu, Sellner Feigheit zu unterstellen. Was Sellner wiederum so kränkte, dass er Krah zu einer Debatte auf der Plattform X einlud. All diese Klatsch-und-Tratsch-Geschichten mögen für viele interessant sein, wirklich weiter bringt uns das jedoch nicht.
Trotz aller Bemühungen bleibt Krah innerhalb der AfD isoliert, anders als vermutlich erhofft, stellte sich niemand Bedeutendes an seine Seite. Auch außerhalb der Partei hat er nun keine Basis mehr, auf die er bauen könnte. Der durch seinen Egotrip verursachte Schaden hält sich also bislang in Grenzen.
Kubitschek ist dafür bekannt, dass er sein eigenes Tun auch selbst hinterfragt. Vielleicht stellt er dabei fest, dass es längst überfällig ist, seine Zusammenarbeit mit Krah zu überdenken und die Front zu begradigen.
Weitere Informationen
Weitere Infos zu diesem Thema finden Sie in den Info-DIREKT-Ausgaben 56 und 57 sowie hier: Remigration „staatsfeindlich“: Krah liefert VS und Medien Munition