Brandmauer: Hielt die SPD die CDU mit dem Verfassungsschutz auf Linie?

Brandmauer: Hält die SPD die CDU mit dem Verfassungsschutz auf Linie?
Bild VS-Präsident Haldenwang (CDU): Von Klaus Oberhausen - https://www.flickr.com/photos/191025070@N03/50596560768/, Gemeinfrei, Link; Nancy Faeser (SPD): Von BerthasEnkel - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, Link; Bildkomposition: Info-DIREKT

Nach einem Eilantrag der AfD nimmt der Verfassungsschutz die Einstufung als „gesichert rechtsextrem“ bis auf Weiteres zurück. „Gesichert rechtsextrem“ war die Partei also nur während der knappsten Kanzlerwahl seit Bestehen der Bundesrepublik. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Ein Kommentar von Johannes Konstantin Poensgen

Die Öffentlichkeitswirkung ist für den Verfassungsschutz fatal. Der öffentlich finanzierte Rundfunk steht nun vor der unangenehmen Aufgabe, seinen Zuschauern zu erklären, warum die „Stillhaltezusage“ nicht bedeute, dass der Verfassungsschutz seine Meinung geändert habe. Dem juristischen Laien ist das schwer zu vermitteln. Wer solche Töne spuckt, sollte mindestens den Mumm haben, so lange dazu zu stehen, bis eine gerichtliche Eilverfügung ihm dies untersagt.

Weisungsgebundene Behörde

Aus welchen Gründen das Bundesamt für Verfassungsschutz jetzt diesen Rückzieher gemacht hat, ist unklar. Ob der neue Chef Alexander Dobrindt das angeordnet hat? Nach der Einstufung äußerte er sich bei der ARD tendenziell zurückhaltend bezüglich eines möglichen AfD-Verbots, sagte: „Man muss die AfD nicht wegverbieten, man muss sie wegregieren.“ Vielleicht hat der neue Innenminister da ja tatsächlich einfach andere Ansichten als seine Vorgängerin Nancy Faeser? Es sei auch an dieser Stelle in Erinnerung gerufen: Der Verfassungsschutz ist eine weisungsgebundene Behörde. Das gilt in alle Richtungen.

Es bleibt aber die Tatsache bestehen, dass die AfD damit ausgerechnet während der kritischsten Kanzlerwahl in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland für wenige Tage als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft war. Als Friedrich Merz als erster Kanzlerkandidat keine Mehrheit im ersten Wahlgang bekam, taten alle überrascht. Aber man muss schon sehr naiv über die Funktionsweise des parlamentarischen Betriebs sein, um zu glauben, dass die Fraktionsleitungen kein genaues Auge auf ihre Abgeordneten haben. Sind sie halbwegs kompetent, dann haben sie auch ein genaues Auge auf die Abgeordneten der anderen.

Dass es in der Union rumorte, war kein Geheimnis

Dass es in der Union rumorte, seit Friedrich Merz für seine Kanzlerschaft auch noch das letzte scheinkonservative Tafelsilber an die SPD verscherbelt hat, war kein Geheimnis. Dass der Stadtverband Kühlungsborn aus Mecklenburg-Vorpommern wegen der Aufhebung der Schuldenbremse geschlossen aus der CDU austrat, mag verkraftbar sein. Aber wenn Führungskader wie Jens Spahn mal mit einer Normalisierung der AfD liebäugeln, dann wieder nicht, zeigen sich die Risse auch in der Parteiführung.

Die SPD hat hoch gepokert

Das war vor allem für die SPD eine Gefahr. Dass die SPD es geschafft hat, die Union inhaltlich zu erpressen, darf nicht über die Schwäche dieser ehemaligen Volkspartei mit 16 Prozent hinwegtäuschen. Die SPD ist nur durch die Brandmauer stark. Wäre die Regierungsbildung gescheitert, hätte nicht nur Merz, sondern auch die ganze SPD vor einem Scherbenhaufen gestanden.

Der Verfassungsschutz als Druckmittel

Dass die AfD kurz vor der Kanzlerwahl hochgestuft wurde, ist vor diesem Hintergrund mehr als merkwürdig. Käme der Anstoß dafür aus der weisungsgebundenen Behörde namens Verfassungsschutz selbst – man hätte auch den nächsten Innenminister abwarten können. Es steht der sehr hässliche Verdacht im Raum, dass der Verfassungsschutz eingesetzt wurde, um Abgeordnete des Deutschen Bundestages unter Druck zu setzen, ja nicht aus der Koalitionsdisziplin auszubrechen und einen Mann, der seine Wahlversprechen schon vor der Amtseinführung gebrochen hat, zum Kanzler zu wählen.

Leave a comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert